Der Neubau einer modernen Kläranlage ist bei weitem das größte Vorhaben der Gemeinde Irschenberg in den letzten Jahrzehnten. Man rechnet weiterhin mit Gesamtkosten in Höhe von 8,7 Millionen Euro. In der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 24. Februar wurde für Klarheit bei allen Betroffenen zu Beginn der Baumaßnahme hinsichtlich der Kostenbeteiligung gesorgt. Die Investitionssumme soll in den nächsten Jahren auf die Anschlussnehmer umgelegt werden in Form von Abschlagszahlungen und einer Erhöhung der Gebühr für die Abwasserbeseitigung.
Bürgermeister Klaus Meixner wies einleitend darauf hin, dass sich der Gemeinderat und die Gemeindeverwaltung ausführlich in mehreren Sitzungen und in einer Klausurtagung mit der Frage der Verteilung der Kosten der Kläranlage auf die Anschlussnehmer befasst und auch externe Expertise hinzugezogen haben. Den rund 15 Zuhörern im Pfarrsaal gab er bekannt, dass sich der Gemeinderat darauf verständigt hat, eine feste Summe über einen sogenannten Verbesserungsbeitrag umzulegen und nicht einen prozentualen Anteil an der Baumaßnahme. Dieser fixe Betrag wurde auf 5.000.000 € festgesetzt.
Der jeweilige Anteil berechnet sich nach der Summe der Geschossflächen der angeschlossenen privaten Haushalte, der dort ansässigen Unternehmen und Gewerbetreibenden, da nur dort Schmutzwasser entsteht. Die letzte Flächenberechnung der angeschlossenen Gebäude im Gebiet der Orte Irschenberg, Salzhub, Rasthaus, Radthal, Wendling, Obermoos, Buchbichl, Niklasreuth, Wilparting, Waldsiedlung und Teile des Ortes Wöllkam sowie des Ortes Radthal ergab eine Gesamtsumme von 202.951 m². Teilt man 5.000.000 € durch die Gesamtflächen ergibt sich ein vorläufiger Beitragssatz in Höhe von 24,64 € pro Quadratmeter Geschossfläche bei anschließbaren Grundstücken. Alle Anschlussnehmer werden im nächsten Schritt eine vorläufige Geschossflächenermittlung erhalten. Sie haben die Möglichkeit, ihre Geschossflächen zu überprüfen und eventuelle Abweichungen bei der Gemeinde zu melden. Im Anschluss an die Geschossflächenermittlung sollen im Sommer 2025 die Bescheide für Vorausleistungen erlassen werden. Geplant sind zwei Raten über jeweils 40% der jetzt errechneten Beträge. Die Fälligkeiten sollen im Sommer 2025 (1. Rate) und Sommer 2026 (2. Rate) festgesetzt werden. Die Endabrechnung (ca. 20%) erfolgt dann mit Abschluss der Maßnahme, voraussichtlich im Juli 2027.
Der tatsächliche Beitragssatz wird erst mit Fertigstellung der kompletten Maßnahme festzusetzen sein. Ausschlaggebend wird dabei die Summe der Geschossfläche zum Zeitpunkt der Fertigstellung und Inbetriebnahme der Anlage sein. Deshalb ist damit zu rechnen, dass sich der Beitragssatz noch leicht nach unten korrigiert.
Die Gemeinde erhebt für die Benutzung der Entwässerungseinrichtung eine Einleitungsgebühr, die nach den Abwässern berechnet wird. Dazu gab eingangs der Tagesordnungspunkte 3 und 4 Daniel Ulbrich von der Dr.-Ing. Pecher und Partner Ingenieurgesellschaft mbH einen Überblick über die Kalkulation der Abwassergebühr für den Zeitraum 2025 – 2028. Dabei wurde ersichtlich, dass im Kalkulationszeitraum 2021 – 2024 bei einer m³-Gebühr in Höhe von 2,80 € insgesamt ein Verlust in Höhe von rund 338.000 € aufgelaufen ist. Dieser Verlust ist im kommenden Zeitraum auszugleichen und gleichzeitig muss die Gebühr so weit angehoben werden, dass die Einrichtung kostendeckend nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen betrieben werden kann. So will es das Kommunalabgabengesetz (KAG), wie Ulbrich erläuterte. Das KAG sieht ferner vor, dass Gemeinden Bau-, Betriebs-, Unterhalts-, Sanierungs- und Investitionskosten für die Abwasserbeseitigung über Gebühren und Beiträge finanzieren.
Somit ist eine Erhöhung der Gebühr unumgänglich und hätte wohl schon im abgelaufenen Kalkulationszeitraum umgesetzt werden müssen. Die neue Abwassergebühr beträgt ab 01.10.2025 3,96 € pro cbm. Die Auswirkungen auf die Gebührenzahler wurden anhand von einigen Beispielrechnungen verdeutlicht. Die gestiegenen Gebühren würden beispielsweise einen 2-Personen-Haushalt mit einem Wasserverbrauch in Höhe von 90m³ statt bisher 252 € zusätzlich mit 104 € also 356 € im Jahr belasten. Ein Gewerbeunternehmen mit 1.500m³ Verbrauch würde statt bisher 4.200 € zukünftig 5.940 € bezahlen.
Während beim Tagesordnungspunkt 3 „Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Gemeinde Irschenberg“ der Satzungsbeschluss einstimmig erfolgte, gab es beim Tagesordnungspunkt 4 Widerstand eines Gemeinderates. Die Agenda sah den Beschluss einer separaten und notwendigen Satzung vor, um für die Verbesserung und Erneuerung einer zukunftsfähigen Abwasserentsorgung in Irschenberg Verbesserungsbeiträge erheben zu dürfen. Florian Kirchberger (FDP/aktive Bürger) beantragte, den Satzungsbeschluss von der Tagesordnung zu nehmen. Als Begründung las er mehrere Punkte ab, aus denen hervorging, dass es seiner Meinung nach am politischen Willen fehle, Ermessenspielräume zu nutzen und eine Diskussion darüber nicht zugelassen wurde.
Das wollte der Bürgermeister, die Gemeinderäte und die Gemeindeverwaltung so nicht stehen lassen. Klaus Meixner zeigte sich verwundert, warum Kirchberger jetzt öffentlichkeitswirksam alles in Frage stellt, obwohl er bei allen Gesprächen dabei war und dort auch nie widersprach. Er bat die Gemeinderäte umgehend über seinen Antrag abzustimmen, der von allen abgelehnt wurde. Er kritisierte das Verhalten Kirchbergers als unfair gegenüber dem gesamten Gremium.
Damit kam die Diskussion in Gang. Kämmerer Sepp Teucher erläuterte, dass die gesamte Finanzsituation wahrlich keinen Ermessensraum zulässt. Regina Gruber (FWG Irschenberg) betonte die hohe Finanzlast, die die Gewerbetreibenden tragen werden und dass die vielen Betreiber von Kleinkläranlagen auch nicht die Allgemeinheit mitzahlen lassen. „Gerechtigkeit ist das zu zahlen, was es kostet nach dem Verursacherprinzip. Zudem gibt es den Haushalten die notwendige Planungssicherheit, die mit einer prozentualen Umlage nicht gegeben gewesen wäre“, so die Gemeinderätin.
Parteikollege Franz Nirschl wies auf all die Diskussionen in den letzten beiden Jahren hin und dass man sich auf ein Gleichheitsprinzip geeinigt hat, welches Privathaushalte und Gewerbetreibende gleichbehandelt. Thomas Stadler (FWG Irschenberg), erinnerte daran, dass alles im Vorfeld mehrmals durchgerechnet wurde und man sich bewusst für die fünf Millionen Abschlagszahlung entschieden hat, um über die Laufzeit weniger Zinsen zahlen zu müssen, die letztlich die Bürger tragen hätten müssen.
Marinus Eyrainer (FWG Irschenberg) ging darauf ein, dass die neue Kläranlage aus Sicht von Kirchberger überdimensioniert sei. „Die alte Kläranlage war auf 5.000 Einwohnerwerte, die neue ist auf 7.000 Einwohnerwerte ausgelegt. 6.000 Einwohnerwerte hätten nur einen Kostenunterschied von 200.000 € gemacht. Die moderne Anlage muss wieder mehr als 40 Jahre die Abwasserreinigung für die Gemeinde sicherstellen. Was ist, wenn in 20 Jahren die Kläranlage zu klein ist und man sich dann fragt, was haben die damals eigentlich entschieden? Wir brauchen die Luft nach oben“, so der zweite Bürgermeister.
Kathleen Ellmeier (FWG Reichersdorf) konnte der Diskussion noch etwas Positives abgewinnen, da die Anwesenden so noch einmal alle Argumente hören konnten und die Entscheidungen nun besser nachvollziehen können. Dem stimmte Klaus Waldschütz (Parteilos) trocken zu: „Das ist aber auch das einzig Positive daran.“
Text: Florian M. Lintz